Man darf einen solchen Menschen zuletzt gar nicht mehr angreifen, denn er ist ganz Außenseite ohne Kern, ein anbrüchiges, gemaltes, aufgebauschtes Gewand, ein verbrämtes Gespenst, das nicht einmal Furcht und gewiß auch kein Mitleiden erregen kann. Das Verfahren der Natur sieht wie Verschwendung aus; doch ist es nicht die Verschwendung einer frevelhaften Üppigkeit, sondern der Unerfahrenheit; es ist anzunehmen, daß sie, wenn sie ein Mensch wäre, aus dem Ärger über sich und ihr Ungeschick gar nicht herauskommen würde. Ein jeder trägt eine produktive Einzigkeit in sich, als den Kern seines Wesens; und wenn er sich dieser Einzigkeit bewußt wird, erscheint um ihn ein fremdartiger Glanz, der des Ungewöhnlichen. Schopenhauer als Erzieher (1874) Richard Wagner in Bayreuth (1876) In den kulturkritischen Abhandlungen „stellt sich Nietzsche kritisch gegen seine Zeit und seine Zeitgenossen, um auf diese Einfluss zu nehmen und zugunsten einer kommenden Zeit zu wirken. Dem Schauenden ist, als ob er gerade zu wachen anfinge und als ob nur noch die Wolken eines verschwebenden Traumes um ihn her spielten. Ich gehe durch die neuen Straßen unserer Städte und denke, wie von allen diesen greulichen Häusern, welche das Geschlecht der öffentlich Meinenden sich erbaut hat, in einem Jahrhundert nichts mehr steht, und wie dann auch wohl die Meinungen dieser Häuserbauer umgefallen sein werden. United States and many other countries Ich gehöre zu den Lesern Schopenhauers, welche, nachdem sie die erste Seite von ihm gelesen haben, mit Bestimmtheit wissen, daß sie alle Seiten lesen und auf jedes Wort hören werden, das er überhaupt gesagt hat. Alle Reiche des Lebens und der Natur, alle Vergangenheiten, Künste, Mythologien, alle Wissenschaften sehen den unersättlichen Beschauer an sich vorüberfliegen, das tiefste Begehren wird aufgeregt und beschwichtigt, selbst Helena hält ihn nicht länger – und nun muß der Augenblick kommen, auf den sein höhnischer Begleiter lauert. Das Nachlaßfragment 27[80] aus dem Frühsommer 1878, in dem Nietzsche rückblickend die Bedeutung von »Schopenhauer als Erzieher« für seinen Werdegang beurteilt, scheint das Scheitern des Versuchs zu betonen, die Schopenhauer- und die Wagner-Erfahrung zusammenzudenken. Er ist kalt und erscheint deshalb leicht grausam. Besonders das Kunsthandwerk wird immer von neuem auf den Wetteifer mit dem gebildeteren Nachbar hingewiesen, die Einrichtung des deutschen Hauses soll der des französischen angeähnlicht werden, selbst die deutsche Sprache soll, vermittelst einer nach französischem Muster gegründeten Akademie, sich »gesunden Geschmack« aneignen und den bedenklichen Einfluß abtun, welchen Goethe auf sie ausgeübt habe – wie ganz neuerdings der Berliner Akademiker Dubois-Reymond urteilt. Aber so geht es uns allen, den größten Teil des Lebens hindurch: wir kommen für gewöhnlich aus der Tierheit nicht heraus, wir selbst sind die Tiere, die sinnlos zu leiden scheinen.[322]. Aber schon schleichen die Nebel des frühen Abends, der Ton verklingt, der[312] Schritt des Wanderers knirscht; soweit er noch sehen kann, sieht er nichts als das öde und grausame Antlitz der Natur. Auch das logische Denken kann man bei ihnen nicht mehr lernen, und die sonst üblichen Disputierübungen haben sie in natürlicher Schätzung ihrer Kräfte eingestellt. Das ist seine Größe, daß er dem Bilde des Lebens als einem Ganzen sich gegenüberstellt, um es als Ganzes zu deuten; während die scharfsinnigsten Köpfe nicht von dem Irrtum zu befreien sind, daß man dieser Deutung näher komme, wenn man die Farben, womit, den Stoff, worauf dieses Bild gemalt ist, peinlich untersuche; vielleicht mit dem Ergebnis, es sei eine ganz intrikat gesponnene Leinwand und Farben darauf, die chemisch unergründlich seien. Wo wir Begabung ohne jene Sehnsucht finden, im Kreise der Gelehrten oder auch bei den sogenannten Gebildeten, macht sie uns Widerwillen und Ekel; denn wir ahnen, daß solche Menschen, mit allem ihrem Geiste, eine werdende Kultur und die Erzeugung des Genius – das heißt das Ziel aller Kultur – nicht fördern, sondern verhindern. Man schämt sich ordentlich, solche heiteren Zeitgenossen zu haben, weil sie die Zeit und uns Menschen in ihr bei der Nachwelt bloßstellen. Schopenhauer als Erzieher (Großdruck) by Friedrich Wilhelm Nietzsche: New. Denn die Nichtakademiker haben gute Gründe zu einer gewissen allgemeinen Mißachtung der Universitäten; sie werfen ihnen vor, daß sie feige sind, daß die kleinen sich vor den großen und daß die großen sich vor der öffentlichen Meinung fürchten; daß sie in allen Angelegenheiten höherer Kultur nicht vorangehen, sondern langsam und spät hinterdrein hinken; daß die eigentliche Grundrichtung angesehener Wissenschaften gar nicht mehr eingehalten wird. Einen solchen führt der, welcher, in irgendeiner Art und Angelegenheit, für das allen irgendwie zugute Kommende mit übergroßen Schwierigkeiten kämpft und am Ende siegt, dabei aber schlecht oder gar nicht belohnt wird. Mein einziges, mein höchstes Ziel ist gesunken, und ich habe keines mehr.« Ja, wann werden wieder die Menschen dergestalt Kleistisch-natürlich empfinden, wann lernen sie den Sinn einer Philosophie erst wieder an ihrem »heiligsten Innern« messen? Wer nämlich zu beobachten weiß, bemerkt, daß der Gelehrte seinem Wesen nach unfruchtbar ist – eine Folge seiner Entstehung! Diese Menschen, die ihre Freiheit in das Innerliche geflüchtet haben, müssen auch äußerlich leben, sichtbar werden, sich sehen lassen; sie stehen in zahllosen menschlichen Verbindungen durch Geburt, Aufenthalt, Erziehung, Vaterland, Zufall, Zudringlichkeit anderer; ebenfalls zahllose Meinungen werden bei ihnen vorausgesetzt, einfach weil sie die herrschenden sind; jede Miene, die nicht verneint, gilt als Zustimmung; jede Handbewegung, die nicht zertrümmert, wird als Billigung gedeutet. Ohne Zweifel ist man jetzt auf der Seite der einzelnen Wissenschaften logischer, behutsamer, bescheidner, erfindungsreicher, kurz,[358] es geht dort philosophischer zu als bei den sogenannten Philosophen: so daß jedermann dem unbefangnen Engländer Bagehot zustimmen wird, wenn dieser von den jetzigen Systembauern sagt: »Wer ist nicht fast im voraus überzeugt, daß ihre Prämissen eine wunderbare Mischung von Wahrheit und Irrtum enthalten und es daher nicht der Mühe verlohnt, über die Konsequenzen nachzudenken? Seller assumes all responsibility for this listing. Der andre Weg führt ihn mit seltneren Wanderschaftsgenossen zusammen, er ist schwieriger, verschlungener, steiler; die, welche auf dem ersten gehen, verspotten ihn, weil er dort mühsamer schreitet und öfter in Gefahr kommt, sie versuchen es, ihn zu sich herüberzulocken. Es gehörte zu den herrlichen Bedingungen seiner Existenz, daß er wirklich einer solchen Aufgabe, gemäß seinem Wahlspruche vitam impendere vero, leben konnte und daß keine eigentliche Gemeinheit der Lebensnot ihn niederzwang: – es ist bekannt, in welcher großartigen Weise er gerade dafür seinem Vater dankte; während in Deutschland der theoretische Mensch meistens auf Unkosten der Reinheit seines Charakters seine wissenschaftliche Bestimmung durchsetzt, als ein »rücksichtsvoller Lump«, stellen- und ehrensüchtig, behutsam und biegsam, schmeichlerisch gegen Einflußreiche und Vorgesetzte. – Ich weiß wohl, welche Einwendung der Staat gegen diese ganze Betrachtung machen konnte, solange noch die schöne grüne Hegelei auf allen Feldern aufwuchs: aber nachdem diese Ernte verhagelt ist und[361] von allen den Versprechungen, welche man damals sich von ihr machte, nichts sich erfüllt hat und alle Scheuern leer blieben – da wendet man lieber nichts mehr ein, sondern wendet sich von der Philosophie ab. Gibt es aber Naturen, welche sie zu rechtfertigen vermöchten – eben wie die Schopenhauers und Platos – so fürchte ich nur eins: sie werden niemals dazu Anlaß haben, weil nie ein Staat es wagen würde, solche Menschen zu begünstigen und in jene Stellungen zu versetzen. Aber um einmal alle Gedanken an eine ferne Zukunft und eine mögliche Umwälzung des Erziehungswesens beiseite zu lassen: was müßte man einem werdenden Philosophen gegenwärtig wünschen und nötigenfalls verschaffen, damit er überhaupt Atem schöpfen könne und es im günstigsten Falle zu der, gewiß nicht leichten, aber wenigstens möglichen Existenz Schopenhauers bringe? Am wenigsten haben die eigentlichen literarischen Gegner und Widerbeller die Ehre, diese bisher verhindert zu haben, erstens weil es wenige Menschen gibt, welche es aushalten sie zu lesen, und zweitens weil sie den, welcher dies aushält, unmittelbar zu Schopenhauer hinführen; denn wer läßt sich wohl von einem Eseltreiber abhalten, ein schönes Pferd zu besteigen, wenn jener auch noch so sehr seinen Esel auf Unkosten des Pferdes herausstreicht? Wer sich gewöhnt hat, viel von der unbewußten Zweckmäßigkeit der Natur zu halten, wird vielleicht keine Mühe haben zu antworten: »Ja, so ist es! Wenn es aber einseitig sein sollte, nur die Schwäche der Linien und die Stumpfheit der Farben am Bilde des modernen Lebens hervorzuheben, so ist jedenfalls die zweite Seite um nichts erfreulicher, sondern nur um so beunruhigender. Ich weiß es nicht; hat es einer getan und bleibt doch Staatsbeamter, so war er jedenfalls ein schlechter Freund der Wahrheit; hat er es nie getan – nun, ich sollte meinen, auch dann wäre er kein Freund der Wahrheit. Wir haben uns über unser Dasein vor uns selbst zu verantworten; folglich wollen wir auch die wirklichen Steuermänner dieses Daseins abgeben und nicht zulassen, daß unsre Existenz einer gedankenlosen Zufälligkeit gleiche. Die Natur schießt den Philosophen wie einen Pfeil in die Menschen hinein, sie zielt nicht, aber sie hofft, daß der Pfeil irgendwo hängen bleiben wird. Zwar auch mit vielen Narben und offnen Wunden; und in einer Stimmung, die vielleicht etwas zu herbe, mitunter auch allzu kriegerisch erscheint. So hoch zu steigen, wie je ein Denker stieg, in die reine Alpen- und Eisluft hinein, dorthin wo es kein Vernebeln und Verschleiern mehr gibt, und wo die Grundbeschaffenheit der Dinge sich rauh und starr, aber mit unvermeidlicher Verständlichkeit ausdrückt! Nicht fliegen zu können, sondern nur flattern! Ich schildere nichts als den ersten gleichsam physiologischen Eindruck, welchen Schopenhauer bei mir hervorbrachte, jenes zauberartige Ausströmen der innersten Kraft eines Naturgewächses auf ein anderes, das bei der ersten und leisesten Berührung erfolgt; und wenn ich jenen Eindruck nachträglich zerlege, so finde ich ihn aus drei Elementen gemischt, aus dem Eindrucke seiner Ehrlichkeit, seiner Heiterkeit und seiner Beständigkeit. Denn wie die Natur des Philosophen bedarf, so bedarf sie des Künstlers, zu einem metaphysischen Zwecke, nämlich zu ihrer eignen Aufklärung über sich selbst, damit ihr endlich einmal als reines und fertiges Gebilde entgegengestellt werde, was sie in der Unruhe ihres Werdens nie deutlich zu sehen bekommt – also zu ihrer Selbsterkenntnis. Es ist so kleinstädtisch, sich zu Ansichten verpflichten, welche ein paar hundert Meilen weiter schon nicht mehr verpflichten. So strebte Schopenhauer schon von früher Jugend an, jener falschen, eitlen und unwürdigen Mutter, der Zeit, entgegen, und indem er sie gleichsam aus sich auswies, reinigte und heilte er sein Wesen und fand sich selbst in seiner ihm zugehörigen Gesundheit und Reinheit wieder. So ist es gekommen, daß unsre Schulen und Lehrer von einer sittlichen Erziehung einfach absehen oder sich mit Förmlichkeiten abfinden: und Tugend ist ein Wort, bei dem Lehrer und Schüler sich nichts mehr denken können, ein altmodisches Wort, über das man lächelt – und schlimm, wenn man nicht lächelt, denn dann wird man heucheln.[293]. Jeder kennt den sonderbaren Zustand, wenn sich plötzlich unangenehme Erinnerungen aufdrängen, und wir dann durch heftige Gebärden und Laute bemüht sind, sie uns aus dem Sinne zu schlagen: aber die Gebärden und Laute des allgemeinen[323] Lebens lassen erraten, daß wir uns alle und immerdar in einem solchen Zustande befinden, in Furcht vor der Erinnerung und Verinnerlichung. Textgrundlage ist die Ausgabe: Friedrich Nietzsche: Werke in drei Bänden. Fort mit ihm!« Da schwanken sie nun wieder zurück,[359] zu ihrer eignen Unsicherheit und Ratlosigkeit: durchaus wollen sie ein wenig Naturwissenschaft zwischen den Händen haben, etwa als empirische Psychologie, wie die Herbartianer, durchaus auch ein wenig Historie – dann können sie wenigstens öffentlich so tun, als ob sie sich wissenschaftlich beschäftigten, ob sie gleich im stillen alle Philosophie und alle Wissenschaft zum Teufel wünschen. Schopenhauers Natur enthielt nun eine seltsame und höchst gefährliche Doppelheit. – Wer nun gerade die Frage beantworten will, was der Philosoph als Erzieher in unserer Zeit zu bedeuten habe, der muß auf jene sehr verbreitete und zumal an Universitäten sehr gepflegte Ansicht antworten, und zwar so: es ist eine Schande und Schmach, daß eine so ekelhafte, zeitgötzendienerische Schmeichelei von sogenannten denkenden und ehrenwerten Menschen aus- und nachgesprochen werden kann – ein Beweis dafür, daß man gar nicht mehr ahnt, wie weit der Ernst der Philosophie von dem Ernst einer Zeitung entfernt ist. Wie glücklich sind wir demnach, daß wir diese Zeit noch kennenlernen können. Daß ein solcher Mensch geschrieben hat, dadurch ist wahrlich die Lust auf dieser Erde zu leben vermehrt worden. Schopenhauer als Erzieher. Eigentlich ist es leicht zu begreifen, daß dort, wo eine Art an ihre Grenze und an ihren Übergang in eine höhere Art gelangt, das Ziel ihrer Entwicklung liegt, nicht aber in der Masse der Exemplare und deren Wohlbefinden, oder gar in den Exemplaren, welche der Zeit nach die allerletzten sind, vielmehr gerade in den scheinbar zerstreuten und zufälligen Existenzen, welche hier und da[327] einmal unter günstigen Bedingungen zustande kommen; und ebenso leicht sollte doch wohl die Forderung zu begreifen sein, daß die Menschheit, weil sie zum Bewußtsein über ihren Zweck kommen kann, jene günstigen Bedingungen aufzusuchen und herzustellen hat, unter denen jene großen erlösenden Menschen entstehen können. Alles ist dann in Gefahr. Nun tritt noch der Trieb zum Widerspruch hinzu, die Persönlichkeit will, allen anderen entgegen, sich fühlen und fühlen lassen; der Kampf wird zur Lust und der persönliche Sieg ist das Ziel, während der Kampf um die Wahrheit nur der Vorwand ist. Denn sie sind dankbar gestimmt, weil sie nur durch sie Einlaß in die würdigen[338] Hallen der Wissenschaft erlangt haben, in welche sie auf eignem Wege niemals hineingekommen wären. Sie reden wirklich, sie stammeln nicht und schwätzen auch nicht nach; sie bewegen sich und leben wirklich, nicht so unheimlich maskenhaft, wie sonst Menschen zu leben pflegen: weshalb es uns in ihrer Nähe wirklich einmal menschlich und natürlich zumute ist und wir wie Goethe ausrufen möchten: »Was ist doch ein Lebendiges für ein herrliches köstliches Ding! Es mag sein, daß ein solcher Mann, der im Staatsdienste seine höchste Pflicht sieht, wirklich auch keine höheren Pflichten kennt; aber deshalb gibt es jenseits doch noch Männer und Pflichten – und eine dieser Pflichten, die mir wenigstens höher gilt als der Staatsdienst, fordert auf, die Dummheit in jeder Gestalt zu zerstören, also auch diese Dummheit. Stelle dir die Reihe dieser verehrten Gegenstände vor dir auf, und vielleicht ergeben sie dir, durch ihr Wesen und ihre Folge, ein Gesetz, das Grundgesetz deines eigentlichen Selbst. Solange unter Kultur wesentlich Förderung der Wissenschaft verstanden wird, geht sie an dem großen leidenden Menschen mit unbarmherziger Kälte vorüber, weil die Wissenschaft überall nur Probleme der Erkenntnis sieht, und weil das Leiden eigentlich innerhalb ihrer Welt etwas Ungehöriges und Unverständliches, also höchstens wieder ein Problem ist. Denn es gibt eine Art von gemißbrauchter und in Dienst genommener Kultur – man sehe sich nur um! Aber zugegeben, daß diese Schar von schlechten Philosophen lächerlich ist – und wer wird es nicht zugeben? Oder täuschen wir uns auf das Trostloseste? –. Ob nun der Wahrheit damit gedient wird, daß man einen Weg zeigt, wie man von ihr leben könne, weiß ich im allgemeinen nicht zu sagen, weil hier alles auf Art und Güte des einzelnen Menschen ankommt, welchen man diesen Weg gehen heißt. Sie sind versucht, einem solchen zuzurufen, was Faust dem Mephistopheles sagt: »so setzest du der ewig regen, der heilsam schaffenden Gewalt die kalte Teufelsfaust entgegen«; und der, welcher Schopenhauerisch leben wollte, würde wahrscheinlich einem Mephistopheles ähnlicher sehen als einem Faust – für die schwachsichtigen modernen Augen nämlich, welche im Verneinen immer das Abzeichen des Bösen erblicken. Wie leicht beschädigt er sich dabei so, daß kein Arzt ihn heilen kann. Ein anderer wird jene große Freiheit als Überhebung deuten: auch er hat recht, weil er selber mit jener Freiheit nichts Rechtes anfangen und sich allerdings sehr überheben würde, falls er sie für sich begehrte. Diesen wollen sie recht von Herzen helfen, und sie wissen wohl, daß sie ihnen am besten mit der Wahrheit helfen. Wenn die Formenbedürftigen das eigentliche Arbeiten für die Kultur sich zuschreiben und zum Beispiel vermeinen, alle Kunst gehöre ihnen und müsse ihrem Bedürfnisse zu Diensten sein, so ist eben nur das deutlich, daß sie sich selbst bejahen, indem sie die Kultur bejahen: daß also auch sie nicht über ein Mißverständnis hinausgekommen sind. Der moderne Staat ist nun zwar davon am weitesten entfernt, gerade die Philosophen zu Herrschern zu machen – Gottlob! Denken wir uns das Auge des Philosophen auf dem Dasein ruhend: er will dessen Wert neu festsetzen. Und überhaupt: beraubt er sich nicht seiner herrlichsten Freiheit, seinem Genius zu folgen, wann dieser ruft und wohin dieser ruft? Dann bleibt er am Schluß, wie der Prinz im Re corvo des Gozzi, versteinert, aber in edler Stellung und mit großmütiger Gebärde stehn. Hat es nämlich überhaupt einen Sinn, sich mit seiner Zeit zu beschäftigen, so ist es jedenfalls ein Glück, sich so gründlich wie möglich mit ihr zu beschäftigen, so daß einem über sie gar kein Zweifel übrig bleibt: und gerade dies gewährt uns Schopenhauer. Höre Schopenhauer als Erzieher kostenlos | Hörbuch von Friedrich Nietzsche, gelesen von Hans Jochim Schmidt | Jetzt GRATIS das Hörbuch herunterladen | Im Audible-Probemonat: 0,00 € Besonders in Hinsicht des Philosophen ist ihre Verlegenheit groß, ihn gemeinnützig anzuwenden; ihre Mittel scheinen nur Tastversuche, zufällige Einfälle zu sein, so daß es ihr mit ihrer Absicht unzählige Male mißlingt und die meisten Philosophen nicht gemeinnützig werden. Und zuletzt in aller Welt: was geht unsre Jünglinge die Geschichte der Philosophie an? Sie sollte ihm aber eine furchtbare Sache sein; und die Menschen, welche berufen sind, Macht zu suchen, sollten wissen, welche Quelle des Heroischen in ihr fließt. Siehst du nicht den Balken, du Duselkopf! Die Gefahren sind immer groß, wenn es dem Menschen zu schwer gemacht wird und wenn er keine Pflichten zu erfüllen vermag; die stärkeren Naturen können dadurch zerstört werden, die schwächeren, zahlreicheren versinken in eine beschauliche Faulheit und büßen zuletzt, aus Faulheit, sogar die Beschaulichkeit ein. Der Sinn in den Gegensinn umgedreht? Essays on the Wisdom of Life, Paperback by Schopenhauer, Arthur, Brand New, F... Шопенгауэр Метафизика половой любви Schopenhauer BOOK IN RUSSIAN, Фридрих Ницше: Падение кумиров Сборник / Friedrich Nietzsche BOOK IN RUSSIAN, The Essays of Arthur Schopenhauer: Studies in Pessimism (Dodo Press) by Arthur S, On the Use and Abuse of History for Life by Friedrich Wilhelm Nietzsche (English, EL ANTICRISTO FRIEDRICH NIETZSCHE (spanish). Erreicht die Natur ihr Ziel auch so, wenn die meisten den Zweck ihrer eignen Bemühung falsch bestimmen? Hatte er doch sogar noch etwas Höheres gesehn: eine furchtbare überweltliche Szene des Gerichts, in der alles Leben, auch das höchste und vollendete, gewogen und zu leicht befunden wurde: er hatte den Heiligen als Richter des Daseins gesehn. Es gab, wie mir scheint, einen starken Anschein dafür, daß der Mensch Schopenhauer untergehn werde, um als Rest, bestenfalls, »reine Wissenschaft« zurückzulassen: aber auch dies nur bestenfalls; am wahrscheinlichsten weder Mensch noch Wissenschaft.[299]. Hier erleben wir aber die Folgen jener neuerdings von allen Dächern gepredigten Lehre, daß der Staat das höchste Ziel der Menschheit sei und daß es für einen Mann keine höheren Pflichten gebe, als dem Staat zu dienen: worin ich nicht einen Rückfall ins Heidentum, sondern in die Dummheit erkenne. Nun will ich, auf solche Einwendungen hin, so viel zugeben, daß unsere Arbeit hier gerade noch kaum begonnen hat, und daß ich, nach eignen Erfahrungen, nur eins bestimmt schon sehe und weiß: daß es möglich ist, eine Kette von erfüllbaren Pflichten, von jenem idealen Bilde aus, dir und mir anzuhängen, und daß einige von uns[321] schon den Druck dieser Kette fühlen. Wie ist es am wenigsten verschwendet? Wie, wenn er nun gar eines Tages fühlte: heute kann ich nichts denken, es fällt mir nichts Gescheites ein – und trotzdem müßte er sich hinstellen und zu denken scheinen! Er ginge ja sofort an seiner Freiheit und seiner Einsamkeit zugrunde und würde zum Narren, zum boshaften Narren aus Langeweile. Ja man möchte sagen: das, was an seinem Wesen unvollkommen und allzu menschlich war, führt uns gerade im menschlichsten Sinne in seine Nähe, denn wir sehen ihn als Leidenden und Leidensgenossen und nicht nur in der ablehnenden Hoheit des Genius. Weshalb doch? Also Sprach Zarathustra / Thus Spake Zarathustra, Paperback by Nietzsche, Fri... Asi Hablaba Zaratustra por Friedrich Nietzsche 2004 HC L596, Beyond Good and Evil by Nietzsche, Friedrich Wilhelm|Zimmern, Helen (Hardcover), 6 book lot friedrich nietzsche my sister and i HB twilight anti-christ ecce homo, Also sprach Zarathustra (German Edition) by Nietzsche, Friedrich (Paperback), Friedrich Nietzsche (Paperback or Softback), Selected Short Stories of Nietzsche (Hardback or Cased Book), A new, unread, unused book in perfect condition with no missing or damaged pages. und ich überlegte mir, was er zu den beiden Maximen der Erziehung sagen würde, welche in unserer Zeit im Schwange gehen. Das Urteil der alten griechischen Philosophen über den Wert des Daseins besagt so viel mehr als ein modernes Urteil, weil sie das Leben selbst in einer üppigen Vollendung vor sich und um sich hatten und weil bei ihnen nicht wie bei uns das Gefühl des Denkers sich verwirrt in dem Zwiespalte des Wunsches nach Freiheit, Schönheit, Größe des Lebens und des Triebes nach Wahrheit, die nur frägt: was ist das Dasein überhaupt wert? Doch ist dies freilich mehr das Lob eines alten Weibes, als einer Göttin der Wahrheit, und es ist nicht verwunderlich, wenn die, welche jene Göttin nur als altes Weib kennen, selber sehr wenig Männer sind und deshalb gebührendermaßen von den Männern der Macht gar nicht mehr berücksichtigt werden. Schopenhauer as Educator, 1874 (Schopenhauer als Erzieher) describes how the philosophic genius of Schopenhauer might bring on a resurgence of German culture. Und das namentlich auch aus dem zweiten Grunde: damit es nämlich nicht mehr möglich ist, jenen über sein Ziel unklaren Trieb, den gerühmten dunklen Drang zu ganz andersartigen Zwecken zu gebrauchen und auf Wege zu führen, wo jenes höchste Ziel, die Erzeugung des Genius, nimmermehr erreicht werden kann. Wenigstens für sich selbst wird er es für nötig halten, ein lebendiger Mensch zu sein, bevor er glauben darf, ein gerechter Richter sein zu können. Was wäre außerdem zu erfinden, um seiner Einwirkung auf die Zeitgenossen mehr Wahrscheinlichkeit zu geben? Wir leben die Periode der Atome, des atomistischen Chaos. Wenn ich mir nun die Bedingungen zusammensuche, mit deren Beihilfe, im glücklichsten Falle, ein geborener Philosoph durch die geschilderte zeitgemäße Verschrobenheit wenigstens nicht erdrückt wird, so bemerke ich etwas Sonderbares: es sind zum Teil gerade die Bedingungen, unter denen, im allgemeinen wenigstens, Schopenhauer selber aufwuchs. Und das vor jedermann zu lehren, der zuhören will? 1. Price New from Used from Audible Audiobook, Unabridged "Please retry" $0.00 . Wohin sich auch der Sieg neige, es ist ein Sieg, der einen Verlust in sich schließen wird. Nietzsches Abwendung von Wagner im Spiegel der Vierten Unzeitgemäßen Betrachtung Richard Wagner in Bayreuth (1876). Es gibt drei Bilder des Menschen, welche unsre neuere Zeit hintereinander aufgestellt hat und aus deren Anblick die Sterblichen wohl noch für lange den Antrieb zu einer Verklärung ihres eignen Lebens nehmen werden: das ist der Mensch Rousseaus, der Mensch Goethes und endlich der Mensch Schopenhauers. Die Sehnsucht nach starker Natur, nach gesunder und einfacher Menschheit, war bei ihm eine Sehnsucht nach sich selbst; und sobald er die Zeit in sich besiegt hatte, mußte er auch mit erstauntem Auge den Genius in sich erblicken. – Neuntens das Motiv des Broterwerbs, also im Grunde die berühmten »Borborygmen eines leidenden Magens«. Wir wissen es alle in einzelnen Augenblicken, wie die weitläufigsten Anstalten unseres Lebens nur gemacht werden, um vor unserer eigentlichen Aufgabe zu fliehen, wie wir gerne irgendwo unser Haupt verstecken möchten, als ob uns dort unser hundertäugiges Gewissen nicht erhaschen könnte, wie wir unser Herz an den Staat, den Geldgewinn, die Geselligkeit oder die Wissenschaft hastig wegschenken, bloß um es nicht mehr zu besitzen, wie wir selbst der schweren Tagesarbeit hitziger und besinnungsloser frönen, als nötig wäre, um zu leben: weil es uns nötiger scheint, nicht zur Besinnung zu kommen. Sehr anders freilich als jene in ihrem Staat vergnügten Philosophieprofessoren. Zum Teil hängt diese damit zusammen, daß jetzt gerade ein schwächliches Geschlecht auf den Kathedern herrscht; und Schopenhauer würde, wenn er jetzt seine Abhandlung über Universitätsphilosophie zu schreiben hätte, nicht mehr die Keule nötig haben, sondern mit einem Binsenrohre siegen. Wenige Denker haben in dem Maße und der unvergleichlichen Bestimmtheit empfunden, daß der Genius in ihnen webt; und sein Genius verhieß ihm das Höchste – daß es keine tiefere Furche geben werde als die, welche seine Pflugschar in den Boden der neueren Menschheit reißt. $23.68 + $3.99 shipping . Veröffentlicht in Aufklärung & Ktritik, Sonderheft Nr. Jene Väter verdienten eine solche Nachkommenschaft, nach ihren »Taten«, wie der Spruch sagt. Es liegt ein Wintertag auf uns, und am hohen Gebirge wohnen wir, gefährlich und in Dürftigkeit.